Temperaturmessung einer TAWES

In Zeiten des Klimawandels nimmt mit dem Anstieg der Durchschnittstemperatur auch die Anzahl von Hitzetagen konstant zu. Die sommerlichen Hitzewellen stellen auch die Messnetze nationaler Wetterdienste auf die Probe. Die Kombination aus überhitzten Luftmassen und starker Einstrahlung entlarvt unpassend platzierte Stationen oder technisch minderwertige Temperaturmessungen. Folgender Beitrag zeigt die Temperaturmessung einer modernen TAWES im Detail. 

Temperaturerfassung einer TAWES

Die klassische TAWES erfasst neben der Lufttemperatur auf 2m, oft auch die Temperatur auf 5cm über Boden. Ausgewählte Stationen besitzen auch diverse Bodentemperatursensoren zwischen -5cm und -100cm. Vereinzelt gibt es bei passender Umgebung (Seen oder Teiche nahe der Stationen) auch Wassertemperaturen. Für folgenden Beitrag liegt der Schwerpunkt auf der 2m Temperatur.

Lufttemperatur auf 2m

Eine Temperaturmessung unterliegt vielen Variablen. Von der Technik, über den Standort bis zum Strahlenschutzgehäuse spielt jeder Faktor bis ins kleinste Detail eine Rolle. Beginnend mit der:

Wetterhütte

Sowohl die Wetterhütte, als auch die Messhöhe stammen noch aus Zeiten der klassischen Wetterbeobachtung. Damals wurde die Temperatur in einer großen Stevenson Wetterhütte, manuell von Quecksilber Thermometern auf ca. 2m Höhe über Boden abgelesen. Der Zweck der Hütte bestand darin, die Sensorik vor der direkten Sonneneinstrahlung oder Niederschlag zu schützen. Um für lange Messreihen eine Konstante zu schaffen, wurde in den 80er Jahren mit Beginn der ersten teilautomatischen Wetterstationen die kleinere Wetterhütte als Nachfolger entwickelt. Diese weist dabei einen ähnlichen Temperaturverlauf wie die klassische große Hütte ohne aktive Belüftung auf. Strahlenschutzgehäuse verhalten sich je nach Bauweise und Materialien nämlich unterschiedlich. Holzhütten besitzen dabei einen besonders trägen Temperaturverlauf, beugen dafür aber Messfehler bei starker Einstrahlung vor. Bis heute sind Stevenson Wetterhütten aus Holz weltweit die Referenz für hochwertige Temperaturmessungen. Moderne Strahlenschutzgehäuse aus Kunststoff oder Metall sind zwar handlicher und deutlich billiger. Die Messqualität ist in den meisten Fällen jedoch nicht mit einer Hütte zu vergleichen und Abweichungen bei der Temperaturmessung sind vorprogrammiert.

Im ZAMG Netz sind sowohl die Maße als auch das Material der Hütte genau definiert. Eine Besonderheit an der TAWES Hütte ist außerdem die 24h aktive Belüftung. Der Lüfter bewegt ein genau definiertes Luftvolumen in einer definierten Zeitspanne und ist somit an modernen Normen der WMO angelehnt. Die Hütte saugt die Luft über die Unterkante an und entlüftet über den oberen Bereich. Die Unterkante befindet sich daher 2m über Boden. Die Sensorik sitzt auf ca. 2,2m. Bei Hochgebirgsstationen erfolgt die Temperaturmessung in ca. 4m Höhe.

WMO Referenzmessungen in der Wüste haben die hochwertige Qualität der TAWES Hütten bestätigt. Messfehler bei hoher Einstrahlung und schwachen Wind gehen beispielsweise gegen +-0,1°C. Auch in anderen Aspekten verhält sich die Hütte wie ein klassischer Steven Screen. Gebaut werden die Hütten in einer Osttirol’er Tischlerei.

Die Wetterhütte ist somit die Basis der präzisen TAWES Temperaturmessung.

Weiterführend zum nächsten Punkt:

TAWES Wetterhütte

TAWES Wetterhütte

TAWES Wetterhütte

Die Sensorik

Im Zuge der aktuellen TAWES Generation sind in den Wetterhütten grundsätzlich immer 3 Sensoren verbaut. Ein hochpräziser, temperaturabhängiger Widerstand(NTC) und ein Mikrokontroller mit Feuchte- und einem weiteren Temperaturfühler.

Der NTC, bestehend aus zwei parallelen Thermistoren, misst “konstant” die Temperatur. Der Mikrokontroller erfasst als Referenz/Kontrolle nochmals die Temperatur, sowie standardmäßig die Feuchte. Um möglichst genau den Taupunkt zu errechnen, wird zusätzlich der Luftdruck erfasst.

Alle Sensoren werden im 2 Jahres Rhythmus getestet/kalibriert. Temperatursensoren dürfen max. 0,1°C abweichen. Die Feuchtesensorik darf im Labor eine Abweichung von 1% nicht überschreiten.

Auch die aktive Belüftung wird konstant kontrolliert und bei zu wenig Drehzahl oder einem Defekt sofort getauscht. Erfasste T/RH Werte ohne Belüftung sind unbrauchbar.

Im folgenden Bild ist der Zylinder mit den verschiedenen Sensoren zu sehen. Im Dach der Hütte findet sich der Lüfter für die aktive Belüftung wieder; darunter folgt der Feuchtefühler sowie der Referenz-Temperaturfühler. Als letztes der temperaturabhängige Widerstand.

Alle verwendeten Sensoren sind äußerst hochwertig und somit auch teuer, um die notwendigen Toleranzen einzuhalten. Nur die Kombination aus Hütte und Sensorik kostet bereits an die 5000€.

Einzelne veraltete TAWES/Ö3 Stationen unterscheiden sich von der Sensorik noch etwas. Die Messgenauigkeit & Qualität ist aber ähnlich.

Der dritte und ausschlaggebende Teil der Temperaturmessung ist die:

Innenleben der Wetterhütte

Datenverarbeitung

Eine TAWES gibt pro 10-Minutendatensatz vier verschiende Temperaturwerte aus. (inkl. Referenzsensorik acht Werte)

Die Abkürzung “TL” steht dabei für “Temperatur Luft”.

TL –  gemittelter Temperaturwert der 10. Minute

TLmin  Temperaturminimum der letzten 10 Minuten gemittelt

TLmax – Temperaturmaximum der letzten 10 Minuten gemittelt

TLam – Temperatur der letzten 10 Minuten gemittelt

Die aktuelle TAWES Plattform tastet den Temperaturfühler alle 10 Sekunden ab. Somit ergeben sich in 60 Sekunden, grundsätzlich 6 Temperaturwerte. Daraus wird der Mittelwert erstellt.

Dieser Vorgang wird jede Minute wiederholt bis die 10. Minute vollendet ist. Nun ergeben sich die bereits genannten Parameter TLmin, TLmax und TLam. TLmin ist der tiefste gemittelte Minutenwert, TLmax höchste gemittelte Minutenwert und TLam das Mittel aus 10 gemittelten Minutenwerten.

TL ist dabei “nur” das Temperaturmittel der 10. Minute.

Dieses Vorgehen ermöglicht repräsentative Temperaturwerte über einen Zeitraum von 10 Minuten. Einziger Nachteil ist die “Übermittelung” der absoluten Min bzw. Max Werte. Diese gehen in der Mittelung verloren. Bereits die TAWES der 1. Generation bildete so die Temperaturwerte.

Einzelne Stationen im Netz besitzen sogar eine 1-sekündige Abtastrate des Temperatursensors und sind somit noch genauer. Das Minutenmittel entsteht an solchen Stationen also aus 60 Werten pro Minute. Durch die Mittelung ist der finale Unterschied aber vernachlässigbar. 

Die Erfassung, Mittelung und anschließende Bildung eines 10-Minutewertes übernimmt der Datenlogger. (siehe folgendes Bild)

Datenlogger einer TAWES

 Standort der Wetterstation 

Eine technisch präzise Temperaturmessung hat nur wenig Sinn, wenn der Standort der Wetterstation unpassend ist. Die größten Anomalien im Bereich der Temperaturerfassung sind fast immer auf die unmittelbare Messumgebung zurückzuführen. Die Technik sorgt nur sehr selten für Probleme.

Daher werden auch seit Jahren immer wieder Stationen versetzt, da die unmittelbare Messumgebung zu unrepräsentativen Messwerten führt und eher nur ein lokales Mikroklima abbilden.

Aktuelle Negativbeispiele für solch ein Verhalten sind die Stationen Seibersdorf, Wolkersdorf oder Bad Deutsch-Altenburg. Vereinzelt auffällig sind auch Klausen-Leopoldsdorf, Berndorf, Bad Tatzmannsdorf, Mattersburg, Fraxern oder St.Andrä im Lavanttal. Jede dieser Stationen hat ihre Eigenheiten vor Ort, wodurch Abweichungen von der tatsächlichen(repräsentativen) Temperatur in der Umgebung entstehen. Einzig in Bad Tatzmannsdorf ist es eine Kombination aus unmittelbarer Messumgebung und Stationstechnik.

Als Negativbeispiel folgt die:

TAWES Wolkersdorf

Der Stammleserschaft sollte bereits bekannt sein, dass die Station Wolkersdorf bis spätestens 2023 einen neuen Standort bekommt, da bei der aktuellen Platzierung bedenkliche Temperaturanomalien auftreten. Die TAWES steht aktuell auf dem Bauhof der Gemeinde.

Unmittelbar umgeben ist die Station von dichten Bewuchs, Geröll und Ablagerung des Bauhofs. In der Umgebung folgen noch diverse Gebäude und ein großer Schotterplatz. Bereits der dichte Bewuchs nahe der Hütte und die allgemeine Verbauung führt zu einer schwachen Durchmischung der Luftmasse nahe der Messung. Weiters heizt sich die Umgebungsluft dank viel Beton und dem trockenen Schotterplatz stark auf. Hinzu kommt, dass sich auf dem Nachbargrundstück in ca. 2-3m Höhe ein schwarzes Dach befindet, dass bei sommerlicher Einstrahlung die Luftmasse markant aufheizt. Bei NW-Wind wird diese überhitze Luft in die Umgebungsluft der Wetterhütte gemischt. In Extremfällen ist die Station so bis zu 4°C zu warm. Auch bei anderen Windrichtungen ist die Station dank der weiteren Faktoren etwas zu warm. (ca. 0,5°C)

Blickrichtung NW mit dem Übeltäter “schwarzes Dach”

Nach aktuellen Stand übersiedelt der Wettergarten in ein Brunnenschutzgebiet am Ortsrand. Die dichte Verbauung in und um Wolkerdorf, erschwerte die Standortsuche deutlich. Auch am neuen Standort bleibt ein gewisser Stadtcharakter erhalten. Diese Tatsache ermöglicht evtl. eine Weiterführung der aktuellen, fehlerbehafteten Messreihe. Wind- sowie Strahlungssensorik, werden im Ortskern auf ein Hoteldach verlegt. Aufwendige, technische Lösungen inklusive.

Ein weiteres negatives Beispiel ist die TAWES in Seibersdorf, die durch eine Kombi aus starker Einstrahlung, heißen Luftmassen und N/NW Wind sehr starke Abweichungen erfasst. (ca. 2,5°C; im Extremfall bis zu 4°C) Die genaue Ursache dafür ist seit längerer Zeit unklar. Die unmittelbare Messumgebung ist frei von negativen Einflüssen. Lokale Föhneffekte sind auch auszuschließen.  Denkbar wäre das heranführen von überhitzten Luftmassen aus NW mit dem Ursprung bei trockenen, landwirtschaftlich genutzten Flächen oder der angrenzenden Bundesstraße. Auch die Bildung eines Mikroklimas wäre möglich. Geplante Referenzmessungen im Jahr 2023 werden hoffentlich Antworten liefern. Ein Hitzestau wie kürzlich auf Twitter angepriesen, ist ganz sicher nicht die Ursache!

TAWES Seibersdorf; Blickrichtung West

Eine passende Messung erfolgt hingegen mit der TAWES in Reutte. Die Station ist wohl eine der “schönsten” Stationen Österreichs und steht außerhalb des Ortes in einem Brunnenschutzgebiet völlig frei von negativen Einflüssen auf die Messung. Argumentationen, dass Messungen außerhalb der Stadt nur wenig mit den tatsächlichen Temperaturen im städtischen Raum gemeinsam haben, sind plausibel. Da hier bereits eine TAWES der 1. Generation im Einsatz war und die Messreihe bis in die 1930er Jahre zurückgeht, hat die Station auch am aktuellen Standort einen Sinn.

TAWES Reutte Wettergarten