Temperaturmaxima im österreichischen Messnetz
Das Grundproblem
In Zeiten des Klimawandels, sozialer Netzwerke und massenhafter Fehlinformationen, spielen die offiziellen Messungen bzw. die erfassten Höchsttemperaturen eine wichtige Rolle. Sie zeugen von der zunehmenden Erwärmung des Klimas und den damit verbundenen Risiken. Dank hochwertiger Messungen, bester Datenqualität und teils langer Messreihen, sind gerade die Daten des nationalen Wetterdienstes bestens für die mediale Verbreitung geeignet. Sollte eigentlich so sein… trifft aber leider nicht immer zu.
Folgend zwei Ereignisse.
30°C im April
Die Station Bruck an Mur erfasst am 8. April 2024 ein Temperaturmaximum von 30,0°C. Der Wert macht medial schnell die Runde… noch nie wurden so früh im Jahr die 30°C gemessen. Rasch wird klar, dass der Standort der Station nicht ideal ist und ruft auch div. Journalisten und Zweifler auf den Plan. Nachfolgend einer dieser Artikel. Obwohl der Beitrag unzählige (fachliche) Fehler enthält, sind die geäußerten Zweifel zum Teil berechtigt.
40°C im Jahr 2013
Erinnern wir uns kurz an den brisanten 08.08.2013 zurück, als die TAWES Stationen Neusiedl am See, Bad Deutsch-Altenburg und Güssing die magische 40°C Marke knackten. Der Aufruhr in der medialen Welt und meteorologischen Szene war groß. Rasch wurde jedoch klar, dass alle drei Standorte meteorologisch schwer bedenklich waren und in Neusiedl zusätzlich noch eine Baustelle eine entscheidende Rolle spielte. Schnell wurden wilde Theorien aufgestellt, wieso die Rekorde Unsinn oder doch völlig legitim waren. Vom schwarzen LKW in Neusiedl am See, über die hitzige Mauer in Güssing, bis zum überhitzten Steinbruch oder Schwarzkiefernwald in Bad Deutsch-Altenburg, war alles dabei. Schlussendlich blieb Bad Deutsch-Altenburg mit 40,5°C, Neusiedl mit 40,1°C und Güssing mit 40,0°C übrig.
Aftermath 08.08.2013
Das damalige Event zeigte klar, dass bei der Standortfindung in der Vergangenheit grobe Fehler unterlaufen waren und dringender Handlungsbedarf herrschte. Zudem zeigte sich auch, dass die theoretische Prüfung der Daten zwar ein wichtiger Bestandteil war und bis heute ist, jedoch im Zuge dessen keine meteorologische Prüfung im klassischen stattfinden kann.
Induziert ein ungeeigneter Standort Temperaturanomalien, sind der herkömmlichen Datenprüfung meist die Hände gebunden. Ohne eine hochwertige Vergleichsmessung lässt sich über die „tatsächliche Temperatur“ an derartigen Standorten keine verlässliche Aussage treffen. Es bleibt den Verantwortungsträgern am Ende des Tages also nichts anderes übrig, als derart fragliche Werte zu bestätigen und somit mögliche Rekorde anzuerkennen. Diese Thematik ist auch der Grund, wieso damals (die offensichtlich) nicht repräsentativen Werte anerkannt wurden und sich die Rekorde bis heute halten.
Die TAWES Neusiedl am See wurde nach dem Dilemma 2013 bald an den Ortsrand versetzt. Bad Deutsch-Altenburg und Güssing verblieben bis heute im ursprüngliche Zustand und gerade BDA produziert bis heute immer wieder erstaunliche Höchstwerte bzw. wiederholend die Jahreshöchstwerte.
Die damaligen Rekordwerte von über 40°C sind aus heutiger Sicht natürlich nicht repräsentativ und sollten revidiert werden. Die Werte waren das Produkt von unpassend aufgestellten Stationen und bildeten ein Mikroklima ab. Dank Vergleichsmessungen ist mittlerweile bekannt, dass die Station BDA bei derartigen Lagen etwa 2-3°C wärmer als „die Umgebung“ ist… ob es am Ende 37.5°C oder 40.5°C waren, ist schlussendlich aber sowieso egal. Der erste tatsächliche 40er ist in AUT sowieso nur mehr eine Frage der Zeit.
Laufende Standortanpassungen
Obwohl seither unzählige Stationen aufgrund von Bauarbeiten oder eben meteorologischer Bedenken versetzt wurden (fleißige Leser dieses Blogs denken da sicher an Wolkersdorf oder Seiberdorf), ergeben sich immer wieder neue „Problemstationen“. Das Problem liegt in der Geschichte des TAWES Netzes. Durch historische gewachsene Standorte oder wenig durchdachte Stationserweiterungen, blieb die Standortqualität oft auf der Strecke. Diese Versäumnisse müssen nun mühsam mit teuren und langwierigen Stationsversetzungen behoben werden.
Im heurigen Sommer sind beispielsweise die Stationen Ferlach und St. Andrä oft genannte Kandidaten für Höchsttemperaturen. Beide Standorte erfassen aufgrund der unpassenden Platzierung bzw. fehlender Durchmischung durch umliegende Hindernisse, unrepräsentative Temperaturmaxima und sollten eig. unbeachtet bleiben. In St. Andrä kam zusätzlich ein technischer Defekt hinzu, der zeitweise völlige unplausible Höchsttemperaturen produzierte.
St. Andrä im Lavanttal
Ein Bild des Standorts zeigt rasch die Ursache. Die Station steht direkt an einer Buschreihe (östlich der Station). Das Hauptproblem einer solchen Platzierung ist die fehlende bodennahe Durchmischung bei passender Windrichtung. Zudem werden (gerade) Thujen Hecken unter hoher Einstrahlung recht warm. Zwei Faktoren, die zu hohe Maxima zur Folge haben.
Besonders problematisch ist die „Variation“ solcher Hecken. Mit Wachstum variiert die Höhe und so auch der Grad der Durchmischung. Werden die Pflanzen geschnitten (Höhe, Breite) verändert sich wieder der Grad der Durchmischung. In einer langjährigen Messreihe ein fataler Fehler, der kaum korrigierbar ist.

Abschließend
Obwohl also ein bedeutender Teil der Messungen (in Hinblick auf Temperaturmaxima)im Messnetz als hochwertig zu beurteilen sind, ruinieren einzelne Standorte den Ruf und geben zweitweise berechtigte Zweifel auf, ob neue Temperaturrekorde wirklich auf den Klimawandel zurückzuführen sind. In Zeiten der Klimaerwärmung eine gefährliche Sache…
Die Liste an auffälligen Stationen ist leider lange… ist in einem Messnetz mit knapp 300 Stationen aber auch nicht ganz verwunderlich. Ein paar heiße Kandidaten sind neben den bereits genannten Kandidaten, auch Pottschach, Klausen-Leopoldsdorf, Weitra, Raabs oder Mattersburg.
In Zukunft steht Besserung in Aussicht. Das Messnetz wird lt. Leistungsvereinbarung neu konzeptioniert und zum Teil überarbeitet. Mehr dazu in einem zukünftigen Blogbeitrag.