TAWES im Hochgebirge

 

In der meteorologischen Messtechnik stellen Stationen im alpinen Gelände eine besondere Herausforderung dar. Neben der hohen Belastung für die Technik, durch die teils extreme Witterung, ist auch die technische Umsetzung und Instandhaltung sehr aufwendig.

Trotz dieser Umstände gibt es im TAWES- Netz eine erwähnenswerte Anzahl an Gebirgs- und Hochgebirgsstationen. Neben der ZAMG betreiben auch die jeweiligen Lawinenwarn- und hydrographischen Dienste, sowie die ÖBB oder die Verbund AG Stationen im Hochgebirge.

Für diesen Blogeintrag liegt der Fokus auf der ältesten Hochgebirgsstation; der TAWES am Sonnblick. Auch auf die Stationen am Galzig oder in Kolm-Saigurn wird kurz eingegangen.

TAWES Sonnblick

Gemessen wird am hohen Sonnblick auf über 3100m seit 1886. Die Messreihe ist somit die älteste im Hochgebirge und nach dem Brunnenkogel die zweit höchste TAWES in AUT. Die lange Vorgeschichte und die besonderen Anforderung, führen zu einigen Sonderlösungen. Sowohl die Sensorausstattung, als auch die Aufteilung der Sensorik unterscheidet sich deutlich von einer klassischen TAWES.

Blick auf die Südseite des Observatoriums

Die Wetterhütte

Die T/RH Sensorik ist in keiner üblichen TAWES Wetterhütte platziert. An der Nordseite des Observatoriums befindet sich an der Außenwand eine klassische, große Hütte aus vergangenen Zeiten. Die Platzierung der Hütte ist nach modernen Normen natürlich unzureichend; aufgrund der langen Vorgeschichte jedoch sinnvoll. Seit Beginn der Messreihe wird genau hier die Temperatur gemessen.

TAWES Wetterhütte an der nördlichen Außenwand

Die Niederschlagsplattformen

Die Messung des Niederschlags ist im Hochgebirge eine Sache für sich. Zu beachten ist, dass Gebirge vor allem niederschlagsbildende Prozesse stark beeinflussen und somit auf engsten Raum große Unterschiede beim Parameter Niederschlag entstehen.

Meteorologisch ist eine Messung im klassischen Sinne(Ombrometer) relativ sinnbefreit. Starke Winde, und in Kombi mit dem Gelände auch Turbulenzen, führen zu starken Verfälschungen der erfassten Niederschlagsmenge. Auch moderne Alternativen wie Wetterradare oder Distrometer tragen kaum etwas zur Lösung des Problems bei. Letztere funktionieren teils nicht einmal im flachen Gebiet. Viele Niederschlagssensoren halten zudem den widrigen Bedingungen kaum oder gar nicht Stand. Vor allem Überspannungen durch Blitzschläge, hohe Windgeschwindigkeiten (ständige Vibrationen) und sehr tiefe Temperaturen (konstant hohe Heizströme) machen den meisten Sensoren den Garaus. Ein sehr hoher Wartungsaufwand ist daher unvermeidbar.

Am Sonnblick wird aktuell auf zwei voneinander unabhängigen Plattformen der Niederschlags erfasst. Eine Plattform ist an der Nordseite des Observatoriums platziert; die andere am südlichen Ende. Die nördliche Messung existiert seit Beginn, die südliche Alternativ seit den 1940er Jahren. An beiden Plätzen wird RR mit einem stark beheizten Wippsystem der Fa. Meteoservis mit 500cm² Auffangfläche erfasst. Zusätzlich gibt es auch noch das klassische Ombrometer mit ebenfalls 500cm² Auffangfläche.

Das gebildete Mittel aus beiden Plattformen ergibt schlussendlich die gemessene Niederschlagsmenge. Wie im Gebirge üblich, existieren zwischen den Messungen oft sehr hohe Unterschiede. Die südliche weist dabei in der Regel eine höhere Jahresniederschlagsmenge auf, als der nördliche Gegenspieler.

Niederschlagssensorik Nord inkl. Außeneinheit

Auf der südlichen Plattform sitzt außerdem ein ventiliertes Thermo-Hygrometer; der Thygan ist eine Kombi aus Thermometer und Taupunktspiegel. Grundsätzlich wird im Sensor eine Metallfläche gekühlt, bis diese beschlägt bzw. gefriert. Erfasst wird der Punkt der Kondensation visuell via. Photosensoren. Der tatsächliche Taupunkt kann so recht genau bestimmt werden. 

Die Nachteile eines solchen Systems liegen auf der Hand. Staub und Dreck können den Messvorgang empfindlich stören. Außerdem weist der Sensor ein sehr träges Verhalten auf.

Niederschlagssensorik Süd inkl. Außeneinheit

von links nach rechts; TAWES Wippe + Niederschlagsmelder, Tyguan – Taupunktsensor, Außeneinheit TAWES

Die Strahlungsterrasse

Ein weiterer Teil der TAWES ist auf der Terrasse des Observatoriums montiert. Neben dem üblichen TAWES Sonnenscheindauersensor und Pyranometer, ist auch ein Sun-Tracker im Einsatz. Dieser folgt immer genauestens dem Sonnenstand, um den Betrieb eines Pyrheliometers zu ermöglichen. Die schwarzen Kugeln schatten das Pyrano- bzw. Pyrgeometer vor der direkten Einstrahlung ab. Am Ende des Tages werden die verschiedenen Teile der Einstrahlung (Globalstrahlung, kurz-/langwellig, direkt/indirekt) erfasst.

TAWES Strahlungssensorik inkl. Außeneinheit; Pyranometer, Pyrheliometer, Sun Tracker, Sonnenscheindauer

Die Schneehöhe

Im Hochgebirge ist auch die Erfassung der Schneehöhe mit Schwierigkeiten verbunden. Starke Winde führen zu Verfrachtungen und somit lokalen Min-/Maxima. Eine repräsentative Messung ist daher immer relativ anzusehen.

Im Juni diesen Jahres war die Messung in aller Munde, als bereits Anfang Juli kein Schnee mehr erfasst wurde. Dieser Vergleich mit den historischen Daten hinkt natürlich etwas, da die Messung vor der Automatisierung anders ablief und nicht am aktuellen Standort stattfand.

Die moderne Schneehöhenerfassung mittels Laser oder Ultraschallprinzip funktioniert nur mit einem einzigen Referenzpunkt und es kann daher auch kein Mittelwert aus mehreren Messpunkten gebildet werden.

Am Sonnblick befindet sich die Schneehöhenmessung ca. 200m südöstlich des Observatoriums. Zum Einsatz kommt ein Schneehöhensensor basierend auf dem Laserprinzip. Der Sensor sitzt ca. 10m über Boden auf einem Mast. Die Architektur ist autark, sprich die Spannungsversorgung erfolgt über Solarpanels. Da die Sensorik durchgehend beheizt werden muss, fällt die Messung trotz diverser Optimierungen nach ca. 48h ohne Einstrahlung aus.

Da eine direkte Kabelverbindung zum Mast nicht möglich ist, werden Daten via. Funk zur TAWES Außeneinheit übertragen.

Mast der Schneehöhenmessung; Blickrichtung Südost

Schneehöhenmessung Blickrichtung NW

Windmessung

Die Windmessung erfolgt am Turm des Observatoriums. Exponierter geht es wohl kaum noch. Das verwendete Ultraschallanemometer ist grundsätzlich das gleiche wie bei anderen ZAMG Stationen. Nur die Heizleistung ist deutlich höher, um Vereisungen vorzubeugen. Der Sensor sitzt mittig am Turm; siehe am folgenden Bild.

Windmessung am Turm des Observatoriums

TAWES Zentrale

Zu guter Letzt folgt noch die TAWES Zentrale. Sie hängt im Innenbereich des Observatoriums. Hier laufen die Daten der Außeneinheiten zusammen und es folgt u.a. die Datenübertragung Richtung Wien. Zudem wird der Luftdruck erfasst.

TAWES Zentrale; Datenlogger, Power Mangement, Barometer, Überspannungsschutz

TAWES Kolm-Saigurn

Rund 1500m niederiger sitzt der Gegenspieler der Sonnblick Station. Am Dach der Sonnblickbahn-Talstation befindet sich eine weitere TAWES; die (fast) VAMES Kolm-Saigurn. Wieder auf einer Plattform, erfasst die Station neben allen sinnvollen Parametern (T/RH, RR, SO, GLO, FF/DD, PP) auch die Wolkenhöhen dank Ceilometer.

Blick von der TAWES Plattform Richtung Sonnblick; im Blick T/RH, RR, SO, GLO, FF/DD

Blick Richtung Sonnblick inkl. Talstation + TAWES Kolm-Saigurn

TAWES Galzig

Eine weitere besondere TAWES steht am Galzig auf knapp über 2000m. Wie bei den meisten ZAMG Gebirgsstationen, sitzt die Sensorik auf einer Plattform ca. 3m über Boden. Diese soll in den meisten Fällen vor hohen Schneehöhen schützen und so den laufen Betrieb bzw. Wartung erleichtern.

Die TAWES dient außerdem als Versuchslabor für Niederschlagssensoren. Neben zwei Waagen, sind auch zwei Wippsysteme im Einsatz. Insgesamt somit vier Niederschlagssensoren, die laufend miteinander verglichen werden. Die teils extreme Witterung im Arlberggebiet(Nordstau, starke Aufgleitniederschläge im Zuge winterlicher Warmfronten) ist nahezu perfekt für RR-Sensortests.

Neben einer Windmessung für die Niederschlagsmessung auf der Plattform, gibt es für die TAWES-Daten eine weitere Winderfassung auf der naheliegenden Seilbahnstation.

Die Schneehöhensensorik der Station sitzt einige hundert Meter entfernt, nahe der Skipiste. Technische Sonderlösungen inklusive. Als einzige TAWES Österreichs wird hier die Schneehöhe nicht nur via. Laser-, sondern auch mittels Ultraschallsensor erfasst. Das Ultraschallprinzip hat einige Nachteile, kommt aber vor allem bei autarken Stationen im Hochgebirge dank sehr niedrigen Stromverbrauch sehr oft zum Einsatz.

“Wettergarten” bzw. Plattform der TAWES Galzig

Schneehöhenerfassung am Galzig; Ultraschall + Laserschneehöhenmessung