Umsiedlung einer Weinviertler TAWES

Im äußersten Weinviertel gelegen ist die Station in Hohenau an der March sicher nicht die bekannteste Wetterstation Österreichs. Extremwerte sind eine ziemliche Seltenheit. Dieser Faktor ist wohl dem pannonischen Klima geschuldet. Niederschläge sind das ganze Jahr über Mangelware. Die Winter sind dank Klimawandel mittlerweile so gut wie schneefrei und die Sommer oft unerträglich heiß. Vereinzelt gibt es in winterlichen Strahlungsnächten etwas tiefere Temperaturen; andere Regionen Österreich sind in der Thematik aber deutlich bevorzugt.

Die Geschichte hinter der Messreihe ist dagegen bereits deutlich interessanter. Die Datenreihe existiert bereits seit Dezember 1947 und ist dadurch klimatisch sehr wertvoll. Ein interessanter Aspekt ist auch, dass erst im Jahr 2007 eine automatische Wetterstation installiert wurde. Die TAWES der 1. Generation aus den 80er & 90er Jahren fand hier nie Einzug, sprich die Messreihe basiert bis April 2007 auf rein händisch erfassten Daten. Hohenau ist auch einer der sehr wenigen Standorte, wo bereits seit langer Zeit Bodentemperaturen in verschiedenen Höhen erfasst werden.

Nachdem der (sehr nette) Beobachter Ende 2021 verstarb und das Grundstück nun veräußert wird, musste die TAWES schnell weichen. Nach Gesprächen mit der Gemeinde war am Bauhof zügig ein neuer Standort gefunden. Die Messreihe und daher auch das Lebenswerk des verstorbenen Beobachter & Betreuer lebt somit weiter.

Wenn klimatisch relevante Stationen versetzt werden, wird versucht für einen begrenzten Zeitraum (ca. 6-12 Monate) eine Parallelmessung zu ermöglichen. So können die Messreihen anschließend verglichen bzw. homogenisiert werden. In Hohenau wäre solch ein Vorgehen auch anzustreben gewesen; aufgrund der oben erwähnten Umstände aber leider nicht möglich.

 

Messumgebung alt

Folgend ein Bild am Tag des Abbaus. Die TAWES stand auf einem Privatgrundstück am Ortsrand. Angrenzend sind nur Wiesen, Felder und die Bahntrasse der ÖBB. Der Garten ist von höheren Büschen umgeben und grundsätzlich recht dicht bewachsen. Der Standort ähnelt in diesem Aspekt anderen ZAMG Stationen in Privatgärten. Diese Konstellation führt zu einer nahezu perfekten Niederschlagsmessung, da der Wind aufgrund des umgebenden Bewuchs kaum die Messung beeinflusst.

Temperaturtechnisch verhalten sich solche Stationen bei passenden Wetterlagen jedoch (oft nur für einen kurzen Zeitraum) anders. Bei einer Kombination aus starker Ein- oder Abstrahlung und schwachen Windverhältnissen, entsteht gerne ein lokales Mikroklima. Starke Einstrahlung kann zu wärmeren Temperaturen als in der Umgebung führen; ein schwacher Hitzestau ist die Folge, weil der Wind die Luftmasse in der unmittelbaren Messumgebung nicht oder unzureichend durchmischt. Dies führt aber nicht zwingend zu höheren Tagesmaxima! Ähnliches passiert in Nächten mit starker Abstrahlung. Die Luftmasse kann (u.a) dank fehlender Durchmischung sehr gut abkühlen. Fließt die Kaltluft aufgrund des lokalen Reliefs nicht ab, können vor allem bodennah die Temperaturen etwas kühler als in der Umgebung sein. Solche Phänomene hängen aber immer von den genauen Vor-Ort Begebenheiten ab und variieren je nach Einstrahlungswinkel,  Bewuchs etc. an jedem Standort.

Am Ende des Tages war dieser Standort durchaus repräsentativ für die Stadt Hohenau. Schwache Anomalien bei der Temperatur- und Windmessung werden die Messreihe kaum abwerten.

TAWES Hohenau alt, Blickrichtung NW

letzte Überreste der TAWES Hohenau, Blickrichtung Ost

Aufbau am neuen Standort

Technisch ähnelt der Umzug einer Wetterstation einem kompletten Neuaufbau. Am neuen Standort müssen bereits vor Umzug der Station diverse Fundamente für Mast, Wetterhütte und Niederschlagserfassung entstehen und Kabelkanäle sowie eine Stromversorgung gewährleistet sein. Diese Arbeiten nehmen mit Planung und Bürokratie oft mehrere Monate in Anspruch.

Sind die Vorarbeiten am neuen Standort erledigt, folgt der Abbau der alten Station. Diese Prozedur ist normalerweise in einigen Stunden erledigt. Der Aufbau am neuen Standort nimmt dagegen, je nach Stationskonfiguration, oft mehrere Tage in Anspruch. So auch in Hohenau; insgesamt dauerte nur der Umzug mit Ab- und anschließenden Aufbau drei Tage.

Einige Bilder des neuen Standorts:

Wettergarten der neuen TAWES Hohenau, Blickrichtung SO

Windmast am neuen Standort; am Bauhof der Gemeinde, Blickrichtung NO

Aufbau des Wettergartens

Windmast mit der Strahlungssensorik + Ultraschall Anemometer

Einzug der notwendigen Kabelwege; ca. 200m

Neue Messumgebung

Seit dem 1. März 2022 erfasst die Station Werte am neuen Standort. Der Bauhof der Stadtgemeine liegt am Ortsrand und ist Richtung Süd und Ost nur von Wiesen oder Feldern umgeben. Der Wettergarten und Windmast sind ca. 70m Luftlinie voneinander entfernt. Der Mast ist am Eingang des Bauhofgeländes platziert, während der Wettergarten auf einer ungenutzten Wiese hinter dem Bauhof  steht.

Die Temperaturmessung ist zu keiner Jahreszeit abgeschattet und in der unmittelbaren Umgebung findet sich nur niedriger Bewuchs. Der größte Störfaktor ist der ca. 20m entfernte Teich in südöstliche Richtung und der betonierte Parkplatz des Bauhofs, ca. 15 m westlich der Sensorik.

Die Erfassung des Niederschlags erfolgt auf 1,5m über Bodenniveau via. Niederschlagswaage. Da der Wettergarten nun deutlich offener steht, ist auch die Messung etwas windanfälliger als zuvor. Es finden sich aber mit einigen Gebäuden und diversen Bäumen weiterhin einige Hindernisse in der Umgebung.

Die Windmessung sowie das Pyranometer + Sonnenscheindauersensor sind am Mast auf 9m bzw. 10m platziert. Eine Abschattung der Strahlungssensorik gibt es praktisch nicht und auch der Wind ist in die Hauptwindrichtungen (NW, SO) akzeptabel platziert. Kleinere Abstriche gibt es evtl. bei NW- & Westwind, da die dichte Siedlung mit einigen Häusern und höheren Bäumen das Windprofil aus dieser Richtung leicht beeinflusst.

Die letzten Wochen waren von starken Tagesgängen und entsprechenden Temperaturminima geprägt. Daher geht es im nächsten Blogeintrag um die Kältekammer Niederösterreichs und um einige alte, als auch neue Stationsschmankerl.