Die Schwarzauer TAWES

 

Bereits im April 2022 entstand ein Blogeintrag zur Schwarzauer Station. Zum nachlesen hier.

Am Abend des 7. Oktober 2022 ging die neue TAWES in der Waldviertler Ortschaft Schwarzau online. Der Errichtung ging bereits eine Testmessung der ZAMG vor, die seit Februar konstant Live Daten übermittelte. Die Station wird das Mikroklima der unzähligen Senken im Waldviertler Hochland näher beleuchten. Viele davon sind auch bewohnt.

Senkenlagen im Waldviertel

Es ist kein Geheimnis, dass sich Senkenlagen bei passenden Parametern von der Umgebung abkoppeln und ein lokales Mikroklima entsteht. Vor allem in Strahlungsnächten entstehen so Kaltluftseen und teils massive Temperaturgradienten auf engem Raum. Die böhmische Masse im Wald-/Mühl-viertel ist für derartige Effekte besonders prädestiniert. In Niederösterreich sind der Freiwald und Weinsberger Wald die Hotspots. Die oft perfekten Geländeformen ermöglichen eine sehr effiziente Produktion und einen meist nur schwachen Abfluss von Kaltluft.  Nicht zu verwechseln sind die dortigen geologischen Gebilde mit Dolinen. In Österreich kommen Dolinen nur im alpinen Gelände vor und können dank fehlenden Abflusses deutlich tiefere Temperaturen erreichen. Ein berühmtes Beispiel ist das Grünloch in den Ybbstaler Alpen.

Im bewohnten Gebiet Österreichs werden die tiefsten Temperaturen klar in den Senken des Waldviertler Hochlands erreicht. Aufgrund der fehlenden Messreihen seitens der ZAMG, blieben diese meteorologischen Rekorde der Öffentlichkeit und den Geschichtsbüchern bisher verwehrt. Ein massives Versäumnis vergangener Generationen.

Inneralpine Täler

Neben den bisher angesprochenen Gebieten, werden auch in inneralpinen Tälern oder Hochebenen immer wieder tiefe Temperaturen erreicht. An erster Stelle steht klar der Salzburger Lungau, dicht gefolgt von diverseren hochgelegenen Tälern wie zB. dem Defereggental oder dem Seefelder Plateau.

Im Vergleich zu den Waldviertler Senken, profitieren inneralpine Täler vor allem von der zunehmenden Seehöhe. Mit dieser ist in Strahlungsnächten die Ausgangstemperatur etwas niedriger und die Luftmasse oft trockener. Zudem steigt in den Wintermonaten mit zunehmender Höhe natürlich auch die Wahrscheinlichkeit für eine geschlossene Schneedecke. Begrenzt wird das Potential in alpinen Tälern insbesondere durch eine zu hohe Reliefenergie oder einem engen Talverlauf und der damit ineffizienten Ausstrahlung. (niedriger SVF)

Standort der Schwarzauer TAWES

Ausgewählt wurde die Schwarzau aufgrund der Besitzverhältnisse und vorangegangener Messreihen. Die gesamte Senke inkl. umgebender Forste steht im Besitz der Familie Fürstenberg. Somit sind negative Veränderungen der Messumgebung auch in Zukunft eher unwahrscheinlich. Außerdem sind hochwertige meteorologische Daten in Zeiten des Klimawandels ein großer Gewinn für die Fürstenberg’sche Forstverwaltung. Die auf das Jahr 2016 zurückgehende Messreihe der Universität Wien ersparte darüber hinaus viele Vorarbeiten und die gewonnenen Erfahrungen erleichterten die Umsetzung einer TAWES.

Schwarzau Kaltluftreste

Der Schwarzaubach in Blickrichtung Ost; letzte Kaltluftreste sind noch sichtbar

Details & Eigenheiten

Die Station steht nahe dem geographischen Zentrum der Senke mit einem SVF >0,95 auf einer Seehöhe von ca. 790m. Einige Meter weiter nördlich verläuft der Schwarzaubach, der Richtung Westen den leichten Kaluftabfluss der Senke markiert. Dichte Bewaldung, Forstwege oder die sporadische Verbauung befinden sind mind. 150m von der Station entfernt. Zwischen Senkenboden und den begrenzenden Hügeln liegen ca. 70-90m Höhenunterschied. Die maximale horizontale Ausdehnung der auftretenden Inversionen ist dieser Zahl in etwa gleichzusetzen.

Diverse Hügel und Anhöhen östlich der Senke verleihen Anströmungen aus passender Richtung eine gewisse Föhncharakteristik. Bei bodennahem Ostwind werden somit relativ hohe Temperaturen erreicht. Nachts unterbindet die unermüdliche Durchmischung die Bildung eines ausgeprägten Kaltluftsees.

Blickrichtung Nord – klassischer Wettergarten (T/RH inkl. RR; mobiler Windmast mit Ultraschall Anemometer)

Blickrichtung Ost – im Hintergrund noch die Teststation VP2 sichtbar 

Technische Architektur

Zum Einsatz kommt eine Sonderform der klassischen TAWES Architektur – eine TAWES Kompaktversion. Statt einer Zentrale in Symbiose mit mehreren Außeneinheiten, gibt es in der Schwarzau aktuell nur eine zentrale Einheit. Eine kleine Zusatzeinheit verrichtet ihren Dienst in einem nahegelegenen Haus. Der Standort erfordert technische Sonderlösungen, da die Kabelwege lang und die Netzabdeckung für Mobilfunk unzureichend ist.

Spannungsversorgung

Die grundlegende Spannungsversorgung erfolgt über eine klassische Steckdose im naheliegenden Haus. Im weiteren Verlauf werden die Spannungen mehrmals transformiert und entsprechend den Sensoranforderungen aufbereitet. Vom  Haus führt nur eine Kabelleitung zur eigentlichen Wetterstation. Bei einer klassischen TAWES wären es mind. drei Leitungen. Zum Einsatz kommt eine 48V Powerline, die es ermöglicht über ein einziges Kabel sowohl die Spannungsversorgung als auch die  Datenübertragung zu führen. Da nur im Haus eine stabile Datenübertragung via. Mobilfunk möglich ist, befindet sich neben der Stromversorgung und Powerline auch noch ein Router für die Übertagung der Daten Richtung ZAMG.

Eine weitere Herausforderung sind die weiten Kabelwege; zwischen Haus und Station liegen an die 200m. Je länger die Kabelwege, desto größer der elektrische Widerstand der Leitung und letztendlich der Spannungsabfall.

Sensorausstattung

Die Sensorausstattung entspricht gewohntem TAWES Niveau. In der belüfteten Wetterhütte finden sich zwei hochwertige Temperatursensoren und ein Feuchtefühler. Darunter erfolgt die Messung der Erdbodenminimumtemperatur auf +5cm. Für den Niederschlag kommt eine beheizte 500cm² Wippe zum Einsatz. Eine moderne Niederschlagswaage würde die tiefen Temperaturen in Kombination mit hohen Tagesgängen von >30°C nicht lange verkraften. Dauer des Niederschlags wird via. Infrarotschranke erfasst. Das beheizte Ultraschallanemometer sitzt derweil noch auf einem mobilen Mast auf ca. 8m Höhe. In naher Zukunft ist auch eine automatische Schneehöhenerfassung denkbar.

Folgendes Bild zeigt den zentralen Schaltkasten im Wettergarten. Oben links findet sich der Datenlogger, der die Sensorwerte speichert und für die Weiterleitung aufbereitet. Darunter erfolgt in den Messinterfaces die Interpretation der Sensorwerte. Ein Stockwerk tiefer sitzen die Überspannungsschutze für die Sensoreingänge. Im rechten Teil kümmern sich Ringkerntrafos und die “Power Management Unit” um die Spannungsversorgung der Station.

Zukunft der Schwarzauer TAWES

Mit Umrüstung auf die Kompakt TAWES erfasst die Schwarzauer Station nun auch klimarelevante Daten und wird an Wetterdienste und Medien weitergeleitet. Bleiben die Werte weiterhin so spannend, erfolgt in den nächsten Jahren der finale Ausbau der Station. Die Daten sind auch weiterhin auf https://schwarzau.tawes.at/ abrufbar.